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historische Geflecht Achteck (Wiener Muster) Teilergänzung

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  • Idealist47 Offline
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historische Geflecht Achteck (Wiener Muster) Teilergänzung

Beitrag von Idealist47 »

Guten Abend,

Hiermit möchte ich eine Möglichkeit präsentieren, ein stark beschädigtes historisches Geflecht zu ergänzen.

Voraussetzungen...
Das originale oder älteste erhaltene Material ist nicht zu sehr spröde, das dieses fast zerfällt. Weiterhin weniger für Sitze geeignet, die oft genutzt werden. Sitzgeflechtsanierung dient dann eher dazu, Objekte so herzurichten, das diese ohne sichtbaren Schaden z.b. museal einen Stellplatz finden.

Anmerkungen...
vorzugsweise zum Gebrauch wende ich diese Technik für Rücken-/ Armlehnen an. Seltener ist noch eine Sitzsanierung möglich, um eine neue Sitzstabilität wieder zu erzielen. Generell empfehlen Flechtwerkgestalter ein neues Flechtwerk. Auch sollte man eine Kosten-Nutzengegenüberstellung mit einbeziehen.

Arbeitsvorbereitung:
Flechtrohr ( Rattanschale ungebleicht geschwefelt ) mit Tanninsäurelösung geweichen und an der Luft antrocknen lassen, so das es sich noch feucht anfühlt.
Anschließend wird das Material auf ein kleines Gestell als einzelne Fäden aufgelegt, so das es die Fäden einzeln liegen. Darüber wird eine dichte Folie gespannt, die luftdicht geschlossen wird. Vorab wird eine kleine Menge Ammoniakgaslösung (25%ig) in einer kleinen Schale dazugestellt, und die Folie dicht verschlossen. Das Gas reagiert mit der Gerbsäure und bewirkt chemisch eine bräunliche Färbung. Mit dem Gas zu arbeiten bitte ich um die Sicherheitsbestimmungen einzuhalten.
Als Hilfe für eine Begutachtung empfehle ich einen kleinen Schnitt in die Folie zu schneiden um das Material zu sehen. Diesen Schlitz wieder dicht verkleben.
Genaue Zeit der Begasung ist nicht festgelegt. Dort spielen Material und Erfahrung eine zu große Rolle. Im Durchschnitt genügen zwei Tage.
Als Gerbstoffe wird gerne Tannin gemahlen oder Pyrogallussäure verwendet. Es gibt noch mehr Gerbstoffe aber diese sind die gebräuchlichsten.
Tanninpulver löst sich gut in heißen Wasser. Diese Lösungsmenge ist abhängig von der Materialmenge. Ich gebe zu dieser Lösung etwas Ethanol dazu, um eine Oberflächenspannung auf dem glatten Rattan zu minimieren.
Dieser gesamte Vorgang ist als " Räuchern " bekannt.
Weitere Bearbeitung nach dem Räuchern und Trocknung beschreibe ich mit den passenden Fotografien.
Achteck Lochsanierung 001.JPG
Achteck Lochsanierung 001.JPG (221.09 KiB) 2338 mal betrachtet
Schadensbereich Armlehne mit dem Achteckmuster in einen Sessel ca. 1860-70
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historische Geflecht Achteck (Wiener Muster) Teilergänzung

Beitrag von Idealist47 »

im folgenden Bild wurde die Schiene am Holzrand ( Blende oder Abdeckung ) auf einer Seite entfernt um die durchgehenden Bohrungen freizulegen.
Dann wird das alte Geflecht entweder mit einen klammen, nicht mehr tropfenden Tuch angefeuchtet. Einfach auflegen. Oder aufwendiger: Das gesamte Möbel wird in einer dichten Folie oder Kammer versehen und eine Schüssel Wasser dazugestellt. Aber man sollte abwägen, ob die Holzoberfläche dazu geeignet ist.
Hierbei reichte ein feuchtes Tuch.
Also entweder anfeuchten mit Tuch und Wasser oder ein " Klimaraum "
Anschließend werden die geräucherten Schienen in kurzen Längen eingeflochten und mit den originalen Materialenden doppelt gelegt. Diese Bereiche entweder mit Glutinleime, die warm abbinden oder Fischleim kalt verkleben. Als Schraubzwinge in Gedanken dienen kleine Klammern aus dem Bürobedarf.
Die Fadenenden am Holzrand werden passend abgelängt und in die Bohrung mit Leim und Keile befestigt. Hierbei nutze ich Messingkeile.
Achteck Lochsanierung 002.JPG
Achteck Lochsanierung 002.JPG (231.82 KiB) 2335 mal betrachtet
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historische Geflecht Achteck (Wiener Muster) Teilergänzung

Beitrag von Idealist47 »

auf der nächsten Aufnahme sind alle Fäden incl. die zuletzt gezogenen Diagonalen verleimt und verkeilt. Es fehlt noch die abschließende Blende
und die Farbtöne sind noch nicht passend. Die Fadenenden der neuen und alten Fäden werden sehr kurz abgeschnitten, so kurz, das man beim darüberfahren mit der Hand, diese nicht hängen bleiben.
Achteck Lochsanierung 003.JPG
Achteck Lochsanierung 003.JPG (199.71 KiB) 2332 mal betrachtet
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historische Geflecht Achteck (Wiener Muster) Teilergänzung

Beitrag von Idealist47 »

Nun konnten, nach dem der Leim abgebunden war, die Keile entfernt werden und die originale Blende konnte gerettet werden. Diese wurde mit kurzen Fäden als eine Art " Krampe " gebogen, mit etwas Leim befestigt werden.
Achteck Lochsanierung 005.JPG
Achteck Lochsanierung 005.JPG (217.07 KiB) 2332 mal betrachtet
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historische Geflecht Achteck (Wiener Muster) Teilergänzung

Beitrag von Idealist47 »

Abschließend erfolgte die endgültige Farbgebung und Versiegelung. Diese wie folgt...
Schellacklösung 1:6 Rubin und Ethanol, dazu etwas Bienenwachs. Zusätzlich Anilinbeize "Teak" gelöst in Ethanol mit in diese Lösung vermischt.
Mit einen kleinen schmalen Pinsel kleine Bereiche bearbeitet, ähnlich wie bei den Retuschen. Nach Trocknung entschieden, ob der Farbton, d.h.
Intensität ausreichend ist. Alte Flechtwerk haben ähnlich viele Farbtöne auf geringer Fläche. Es reicht nicht aus einen gesamten Durchgang mit einer
Schicht auf der gesamten Fläche zu färben, dieses fügt sich nicht in die alte Struktur ein. Auch hier erfordert es etwas Geduld.
Zum guten Schluss kann die gesamte Lehne gereinigt werden, sprich das alte Flechtmaterial entstaubt und mit Ethanol gereinigt werden und mit sehr
stark verdünnten verkochten Leinöl einmal versiegelt werden. Das frischt die Optik etwas auf und die Hoffnung dabei, das die alten Fäden etwas mehr
an Dauer gewinnen.
Achteck Lochsanierung 006.JPG
Achteck Lochsanierung 006.JPG (236.24 KiB) 2331 mal betrachtet
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historische Geflecht Achteck (Wiener Muster) Teilergänzung

Beitrag von Pontikaki Verified »

Puuuh & Chapeau für Deine Geduld Und Deine Fachkenntnisse und ein dickes Merci dafür, daß
Du Dir die Zeit nimmst uns hier so detailreich teilnehmen zu lassen.... :kissing:
SCHMUCK MACHT KUNST TRAGBAR
Marion Ongyert - Goldschmiedin
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historische Geflecht Achteck (Wiener Muster) Teilergänzung

Beitrag von Idealist47 »

Hab Dank für deine Worte und Lob für meine Arbeit :grinning:

Möge es deinen oder anderen eine Anregung sein, nicht immer zu entfernen und erneuern, sondern zu ergänzen.

Soweit es meine Zeit ermöglicht versuche ich noch Themen zu finden, die noch nicht im Archiv zu finden sind.

einen entspannten Abend

es grüßt der Martin
Restaurator im Handwerk ``Holzobjekte`` / Flechtwerkgestalter
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